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Was Bringt Uns Die Neue Regierung Im Arbeitsrecht?

Am 27. September 2009 fand die Wahl zum 17. Deutschen Bundestag statt. Am 26. Oktober 2009 haben die CDU, CSU und FDP den Koalitionsvertrag unterzeichnet. Zu Änderungen des Kündigungsschutzes, die entsprechend der Forderung der FDP dem Arbeitgeber mehr Flexibilität bieten sollten, wird es nicht kommen. Auf der anderen Seite wird es auch in dieser Legislaturperiode abgelehnt, einen einheitlichen Mindestlohn gesetzlich festzuschreiben. Nachfolgend sind die wichtigsten, das Arbeitsrecht betreffenden Programmpunkte des Koalitionsvertrages kurz dargestellt.

 

Befristete Einstellung Eines Ehemaligen Arbeitnehmers

 

Gemäß der aktuellen Gesetzeslage sind Befristungen mit einem neuen Arbeitgeber bis zur Dauer von grundsätzlich zwei Jahren ohne Sachgrund zulässig, sofern zuvor noch niemals ein Arbeitsverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien bestand. Diese Einschränkung führt teilweise zu unsachlichen Ergebnissen, da selbst eine vor vielen Jahren z.B. als Werkstudent einmal bestandene arbeitsvertragliche Beziehung einer sachgrundlosen, befristeten Neuanstellung—z.B. nach Abschluss des Studiums—entgegensteht. Der Koalitionsvertrag sieht eine Änderung des Gesetzes dahingehend vor, dass nach Ablauf von einem Jahr Wartezeit seit Beendigung der vormaligen Arbeitsbeziehung eine erneute Anstellung im Wege einer sachgrundlosen Befristung für den Zeitraum von bis zu zwei Jahren erneut erfolgen darf.

 

Kein Einheitlicher Gesetzlicher Mindestlohn

 

Der im Grundgesetz verankerten Tarifautonomie wird als hohem Gut der sozialen Marktwirtschaft der Vorrang vor der staatlichen Lohnfestsetzung eingeräumt. Daher wird ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn explizit abgelehnt. Außerdem soll die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen aus gleichem Grund erschwert werden. Gemäß der aktuellen Gesetzeslage können Tarifverträge (einschließlich Entgelttarifverträgen) branchenweit und entsprechend dem jeweiligen räumlichen Geltungsbereich durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt werden. Folge der Allgemeinverbindlichkeit ist, dass die Regelungen wie gesetzliche Mindestbedingungen nicht nur für tarifgebundene Arbeitgeber gelten, sondern auch für tarifunabhängige Arbeitgeber. Zukünftig soll nun für die Allgemeinverbindlichkeitserklärung das Kabinett unter der Voraussetzung der Mehrheit im Tarifausschuss zuständig sein.

 

Verhinderung Von Lohndumping

 

Es ist das erklärte Ziel der Koalitionspartner „wirksam gegen soziale Verwerfungen in einzelnen Branchen vorzugehen“. Deswegen soll die Rechtsprechung zum Verbot sittenwidriger Löhne gesetzlich festgeschrieben werden. Nach aktueller Gesetzeslage können Lohnwuchervereinbarungen über das Verbot sittenwidriger Vereinbarungen (§ 138 Abs. 2 BGB) bereits korrigiert werden. Am 22. April 2009 ist hierzu wieder einmal eine Entscheidung des BAG (5 AZR 436/08) ergangen. Darin wurden wichtige Grundsätze zur Beurteilung aufgestellt, ob ein sittenwidriger Lohnwuchertatbestand vorliegt, die nachfolgend zusammengefasst werden. Wie konkret oder ggf. lückenhaft die angestrebte gesetzliche Fixierung diese Grundsätze normieren wird, bleibt abzuwarten.

 

  • Wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht, liegt ein auffälliges Missverhältnis von Arbeitsleistung und Vergütung, d.h. Wucher vor („Zwei-Drittel-Grenze“).
  • Von einer Üblichkeit des Tariflohns kann nur ausgegangen werden, wenn mehr als 50% der Arbeitgeber des Wirtschaftsgebiets tarifgebunden sind oder wenn die organisierten Arbeitgeber mehr als 50% der Arbeitnehmer des Wirtschaftsgebiets beschäftigen.
  • Liegt die verkehrsübliche Vergütung unterhalb des Tariflohns, ist vom allgemeinen Lohnniveau des Wirtschaftsgebiets auszugehen.
  • Verglichen wird der regelmäßig gezahlte Lohn, d.h. unregelmäßige Zuschläge oder Zusatzleistungen bleiben unberücksichtigt. Allerdings können besondere Einzelumstände zur Korrektur der Zwei-Drittel-Grenze führen, was auch sonstige Arbeitsbedingungen wie z.B. Zusatzleistungen einschließen kann.
  • Die Beurteilung ist nicht statisch zum Abschluss des Arbeitsvertrages, sondern laufend durchzuführen, da die fehlende Anpassung der Vergütung an die allgemeine Lohnentwicklung letztlich auch dazu führen kann, dass Sittenwidrigkeit in Form von Lohnwucher ab einem bestimmten Zeitpunkt anzunehmen ist.

 

Mini-Job Förderung

 

Bezüglich gering entlohnte Beschäftigungsverhältnisse sollen Arbeitsanreize verbessert werden. Konkret ist geplant, die Erhöhung und Dynamisierung der Grenze sozialversicherungsfreier Mini-Jobs zu überprüfen und die Hinzuverdienstregelungen auszubauen.

 

Ältere Arbeitnehmer

 

Angestrebt ist eine erhöhte Erwerbsbeteiligung von älteren Arbeitnehmern. Deswegen sollen staatliche Anreize zur faktischen Frühverrentung beseitigt werden. So wird eine Verlängerung der staatlich geförderten Altersteilzeit über den 31. Dezember 2009 hinaus abgelehnt. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ist geplant, die Voraussetzungen für eine längere Erwerbstätigkeit von älteren Menschen zu verbessern. Deswegen sollen berufliche Altersgrenzen überprüft und ggf. abgeschafft werden; dies insbesondere zur Vermeidung von Altersdiskriminierung.

 

Mitarbeiterbeteiligung

 

Es ist erklärtes Ziel, die Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung unter der Prämisse der doppelten Freiwilligkeit zu erweitern. Angedacht ist, dass Mitarbeiter durch Entgeltumwandlung Anteile an ihren Unternehmen steuerbegünstigt erwerben können. Mitarbeiterkapitalbeteiligungen sollten unternehmerische Mitverantwortung einschließen.

 

Ehrenkodex Für Betriebsräte

 

Nicht nur für Vorstände und Aufsichtsräte soll ein Ehrenkodex entwickelt werden, sondern auch für Betriebsräte. Als Beispiel erwähnt der Koalitionsvertrag das in Erwägung gezogene Recht der Betriebsversammlung auf Offenlegung der gezahlten Aufwendungen an Betriebsratsmitglieder.

 

Arbeitnehmerdatenschutz

 

Angestrebt ist, dass im Bundesdatenschutzgesetz ein eigenes Kapitel zum Arbeitnehmerdatenschutz geben wird. Der Schutz des Arbeitnehmers, insbesondere vor Bespitzelungen, soll verbessert werden. Eine restriktivere Auswahl an verwendbaren Arbeitnehmerdaten könnte die Folge sein.

 

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